Solange es in Gruiten nur eine Kirche gab, läuteten nur die Glocken von ihrem Turm. Mindestens 200 Jahre lang, also über etliche Generationen hin war das so. Dann wurde 1719-21 weit unterhalb der alten St.-Nikolaus-Kirche eine zweite gebaut, die zum Herzstück des sich allmählich entwickelnden Dorfs wurde. Und jeder konnte sehen, dass diese neue Kirche der reformierten Gemeinde auch einen kleinen Glockenturm hatte. Aber der blieb stumm — nicht nur bei der Einweihung der Kirche, auch danach noch an Weihnachten, Neujahr, Ostern, Pfingsten und sonstigen Feiertagen. Für eine Glocke hatte das Geld, das für den Bau der Kirche gesammelt worden war, nicht mehr gereicht.
Weiterlesen „Seit 300 Jahren erklingen die Glocken von zwei Türmen“Bronze war in beiden Weltkriegen kriegswichtiges Material, das in großen Mengen für die Kriegsmaschinerie gebraucht wurde. Und in den Kirchtürmen hing dieses Material in Form von zentnerschweren Glocken. Deshalb mussten 1917 und erneut nur 25 Jahre später Kirchenglocken aus Bronze als „Kanonenfutter“ herhalten. In den beiden Weltkriegen sollen insgesamt über 100.000 Glocken konfisziert, aus Kirchtürmen abgeseilt und zum Einschmelzen abtransportiert worden sein. Auch die beiden Gruitener Kirchen haben ein paar Tonnen der begehrten Bronze beisteuern müssen.
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