Die Häuser am „oberen“ Heinhauser Weg habe ich schon in eigenen Beiträgen behandelt: Doktorshaus („Doktor“ Lauterbach, Treppenstufe im Baum) Offerhus, Benninghofer Schlösschen, Heinhauser Mühle, auch die nicht mehr vorhandenen: Höhländer und Schneidershaus. Dieser Beitrag soll nun auch den „unteren“ Teil des Heinhauser Wegs ein wenig ins Licht rücken.
Besonders das Haus mit der Adresse Heinhauser Weg 1 steht nicht im Blickpunkt. Es gehört zu den Häusern im Dorf, die nicht mehr in Holz, sondern in Stein gebaut wurden. Bauherr war Friedrich Wolf (1856-1927)*, den wir aus der Zeit von vor über 100 Jahren als Friseur im Dorf kennen; schon 1901 steht er als „Barbier“ im Adressbuch (AB), im AB von 1909/10 ist er als „Webermeister und Barbier“ noch mit der Adresse „Dorf 93“ (das ist das „Bürgermeistershaus“) verzeichnet. Erst danach kann das Haus am Heinhauser Weg neben dem „Schwan“ gebaut worden sein. Zunächst hatte es die Adresse „Dorf 78a“, und mit dieser Adresse finden wir im AB 1921/22: „Wolff, Friedr., Weber, Friseurgesch.“ (Die Schreibweise des Namens mit einem oder zwei f variiert.)


Zum Vergleich ein Foto aus neuerer Zeit (Tür und Fenster sind unverändert):

Das nächste alte Gebäude auf der linken Seite des Heinhauser Wegs ist die Villa Edelhoff, die 1902 erbaut wurde von Heinrich Edelhoff, dem Inhaber der Weberei Edelhoff & Schulte, deren ausgedehnte Betriebsgebäude der Villa schräg gegenüber lagen (heute nur noch der östliche Teil erhalten, darin u.a. seit 1990 der ev. Kindergarten).










Lothar Weller, Stand 6.3.2023 (2) – Titelabbildung: Ausschnitt aus dem Foto von etwa 1927/28: Gruitener Archive/Meyer.
*Friedrich (Fritz) Wolf war der Chef der Gruitener Sanitätskolonne. In der Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Gruiten (1976) ist folgendes Gedicht über ihn veröffentlicht worden:

Nachtrag 8.3.2023
Zu den Kommentaren unten von vorgestern und heute gibt es jetzt auch Fotos, die Willi Terhardt zur Verfügung gestellt hat:



6. März 2023 at 22:54
Ich habe seit meiner Geburt im Jahr 1950 bis zum Jahr 1959 im „Belegschaftshaus“ Edelhoff mit meinen Eltern und meinen 3 Geschwistern gewohnt. Zu diesem Zeitpunkt gehörte das Haus jedoch schon dem benachbarten Bauern Gustav Einloos von Gut Heinhausen, denn dorthin musste ich zum Monatsbeginn immer mit dem Mietbuch und 50 DM gehen und mir die Mietzahlung im Mietbuch quittieren lassen. Wenn ich mich recht erinnere, war die Adresse damals Dorf 47.
Wir wohnten im Erdgeschoß der der Heinhauser Mühle zugewandten Seite. Dort gab es eine Wohnküche, ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer. Ein Badezimmer oder eine Toilette gab es im Haus nicht. Man wusch sich am steinernen Waschbecken in der Küche. Und zur Toilette musste man über den Hof in den Stall gehen – sommers wie winters!
Ganz ober unter dem Dach hatten wir noch zwei kleine, niedrige und schlecht isolierte Dachkammern, in denen meine größeren Geschwister Karl, Willi und Irmgard schliefen. Im Winter war es dort so kalt, dass das Weihwasser in den kleinen Becken, die am Türeingang aufgehängt waren, gefror. Dafür war es dann um Sommer um so wärmer!
Insgesamt war die Wohnsituation wohl beengt. Ich hatte kein eigenes Bett, sondern schlief bis zu meinem neunten Lebensjahr entweder in der „Besuchsritze“ zwischen meinen Eltern oder mit einem meiner Geschwister in deren Bett. Die werden wohl begeistert gewesen sein!!!
Der auf einem Foto abgebildete Stall aus Ziegelsteinen war ebenfalls zweigeteilt und den jeweiligen Haushälften zugeordnet. Er erfüllte mehrere Funktionen: hinter der hinteren Tür verbarg sich als Toilette eine Holzkonstruktion über dem „Plumpsklo“. An einem Nagel in der Wand waren Zeitungsschnipsel als „Klopapier“ aufgespießt. Als Abonnenten der Rheinischen Post ging uns das nie aus!
Die vordere Tür führte in die Waschküche mit großem steinernem Heizbottich und einer Waschmaschine mit „Wringaufsatz“. Wenn man z.B. einen Kopfkissenbezug „falschherum“ zwischen die Walzen des Aufsatzes legte, dann blähte sich dieser so schön auf. Fand ich als fünfjähriger Junge spannend!
In der Waschküche fand dann auch das samstägliche Baden statt. Im Winter wegen der Kälte schnell und heftig, im Sommer in einer „Langwanne“ mit schrägem Ende als Rutsche etwas ausgiebiger. Nun waren wir eine sechsköpfige Familie. Ich glaube, ich kam immer als letzter dran. Wenn das Badewasser der Vorgänger dann schon abgekühlt war, dann wurde mit frischem heißen Wasser nachgebessert.
Von der Waschküche ging es durch eine kleine Tür in den Schweine- und Hühnerstall. Dort waren einige Hühner untergebracht, die hinten neben dem Stall ein Gehege hatten, und ein Schwein, das klein kam, gemästet und dann geschlachtet wurde. Diesen Prozess erlebte ich mehrmals. Ich sorgte für das Schwein, brachte ihm Futter und hütete es, damit es nicht weglief, wenn es Auslauf auf Hof und Wiese bekam.
Die Schlachtung erfolgte dann durch Willi Tetard. Er war Metzger und führte die Gastwirtschaft Tetard an der Vohwinkeler Straße (heute Mylos am Wiesengrund). Das war immer ein ganz besonderer Tag mit einer besonderen Stimmung. Meine Großväter kamen und meine Eltern waren in betriebsamer Anspannung. Ich durfte beim Töten des Schweins nicht dabei sein, aber danach schon beim Abschaben der Borsten, dem Zerlegen, dem Wursten, etc. Die Würste wurden in dem Bottich gekocht, in dem sonst das Wasser für die Wäsche oder das samstägliche Baden erhitzt wurde. Panhas wurde hergestellt und Blut- und Leberwurst in Blechdosen konserviert. Schinken wurde gepökelt. Ich habe als Kind die betriebsame und gleichzeitig sehr positive Stimmung bei allen Familienmitgliedern wahrgenommen und sehr gemocht.
Im Obergeschoss des Stalls hatte mein Vater einen „Speicher“. Diesen konnte man nur über eine zu diesem Zweck dann an die Hauswand angelehnte Sprossenleiter erreichen. Ich habe mich gerne (als ich dann „leiterfähig“ war) dort mit meinem Vater aufgehalten. Es gab so viel Krempel und alte Werkzeuge zu entdecken, oder ich durfte Nägel in einen Holzklotz schlagen oder…!
Der Heinhauser Weg war unsere Spielstraße. Dort wurde Fußball, Federball, Völkerball gespielt. Dort lernte man Fahrradfahren auf dem Fahrrad des Vaters, denn Kinderfahrräder hatten wir nicht (Treten unter der Stange hindurch!). Autos kamen nur ganz selten. Gegenüber lag der „Edelhoffsche Teich und die Insel. Die ganze Umgebung war ein großer Spielplatz! Und Kinder als Spielkameraden oder Spielkameradinnen gab es in der Nachbarschaft genug.
Es war sicherlich aus heutiger Sicht eine Zeit mit einfachen und beengten Wohnbedingungen. Das habe ich als kleiner Junge nicht wahrgenommen. Für mich war alles schön, und ich habe nichts vermisst. Ich hatte eine Familie mit Eltern und Geschwistern, wie es besser nicht sein konnte!
Norbert Julius
8. März 2023 at 10:33
Ich habe mich sehr über den Bericht zum „unteren“ Heinhauser Weg gefreut, da ich im Haus Nr. 1 von 1952 bis 1974 gewohnt habe und auf dem Foto neben meiner Tante und dem 1944 im Krieg gefallenen Hermann Sonnenschein auch meine Mutter (Elsbeth Theisen), meine Großmutter (Maria Theisen) und meine Urgroßmutter (Maria Wolf) zu sehen sind.
Die Wahrnehmung von Norbert Julius im letzten Absatz seines Kommentars kann ich nur unterstreichen. Für mich war das ganze Dorf damals ein einziger Spielplatz und es war trotz der sehr beengten und einfachen Wohnverhältnisse eine tolle Kindheit, die ich dort erleben durfte.
Willi Terhardt